Über Dinge schreiben, die du liebst. Nicht einfach!
Klingt doch erstmal ganz bezaubernd: Du darfst über etwas schreiben, das du absolut und rundum magst. Deine Leidenschaft, deine Liebe, deine Passion. Quasi täglich badest du in dem Thema, es ist dein Element, so wie Wasser zu einem Fisch gehört. Ein Traum wird also wahr, und ist … ein, zwei drei … vorbei. Du sitzt vor einem geöffneten Dokument und ihr starrt euch gegenseitig an. Die leere Seite dich und du die leere Seite. Ihre Leere überträgt sich quasi sofort auf dein Hirn – nur wird die Seite selbst dadurch leider nicht voller.
Ein Horrorszenario. Vielleicht auch etwas übertrieben. Doch genau das kann passieren, wenn wir über ein sehr geliebtes Gebiet schreiben sollen. Wir sind einfach zu nah dran. Wir wissen zu viel. Wir könnten alles erzählen, aber wir finden keinen Anfang. Vielleicht finden wir auch kein Ende. Wie auch immer: Wir kommen nicht auf den Punkt und nur andere Profis verstehen, was wir meinen. Das ist tödlich für einen guten Text. Außer natürlich, er richtet sich ausschließlich an eben diese Profis. Aber selbst dann wird er vielleicht nicht mehr als ein persönlicher Kommentar.
Wenn dir das passiert, brauchst du Maßnahmen dagegen. Wenn du keine ichbezogene Lobhudelei schreiben willst, ist es Zeit für etwas Distanz. So kannst du sie finden:
- Stell dir die Person vor, für die du den Text schreibst. Welche Fragen hat sie, welches Vorwissen? Ist sie jemals mit dem Thema in Kontakt gekommen? Welche Haltung nimmt sie dazu ein?
- Erinnere dich daran, wie du selbst die Sache kennengelernt hast. Was hast du gedacht und gefühlt? Warum hat dich gerade dieses Gebiet so sehr interessiert? Und wieso bist du dabeigeblieben?
- Vielleicht lässt sich über einen Ausschnitt, einen Teilaspekt, beleuchten, was dieses Thema so besonders macht. Ein Praxisbeispiel (manche nennen es Showcase), das besonders gut gelaufen ist, könnte exemplarisch sein und andere ebenfalls interessieren.
- Lass jemand anders erzählen, interviewe eine dritte Person, die dir nicht nahesteht. Indem du einfache Fragen stellst und nicht selbst die Antworten gibst, bekommst du mit Glück einen distanzierteren Zugang, einen weiteren Blickpunkt.
- Alternativ kannst du auch anbieten, als Interviewpartner:in zur Verfügung zu stehen, statt einen fertigen Text abzuliefern. Das ist die Notlösung oder auch die nützliche Rettung. Hier bist du Experte oder Expertin und kannst all die Fragen beantworten, die andere haben.
Es ist ein bisschen wie bei Lehrer Bömmel in der Feuerzangenbowle. Bömmel weiß, wie die Dampfmaschine funktioniert. „Da stellen wir uns mal ganz dumm,“ ist sein Einstieg. Was danach am besten folgt, liegt auch an den Umständen.
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