Hauptsachen in Hauptsätze

#365schreibtipps„Hauptsachen in Hauptsätze“ ist ein Mantra, das alle begleitet, die journalistisch schreiben lernen. Und gilt für alle, die kommunizieren und verstanden werden wollen. Denn Hauptsätze machen einen Text verständlich. Sie zeigen, was Sache ist.

Was also gehört in einen Hauptsatz und auch nur dahin? Das, was wirklich wichtig ist. Und in Nebensätze? Nebensätze sind dafür da, die Bedingungen, Umstände oder Eigenschaften der Hauptsache zu erläutern.

Ein paar Beispiele, die ich gerade aus dem Internet geangelt habe:

  • „Ein Rückblick auf 2020 des Kinder-, Jugend- und Kirchenchors St. Oswald steht exemplarisch für die Herausforderungen, in denen sich die Chorarbeit in Pandemie-Zeiten befindet.“ Umgekehrt wird ein Schuh draus, denn die Aussage ist doch: Chorarbeit in Pandemie-Zeiten stellt vor Herausforderungen. Und dann kann die Erläuterung kommen: … wie auch der Rückblick auf 2020 zeigt.
  • „Wie wir bereits mitgeteilt haben, mussten wir unseren Infotag erneut verschieben.“ Die eigentliche Aussage wird im Nebensatz versteckt: Wir müssen unseren Infotag erneut verschieben. Ob mir das bereits mitgeteilt wurde, ist aus meiner Sicht als Empfängerin dieser Botschaft unerheblich. Auch wenn ich verstehe, was mir auf der Metaebene gesagt werden soll: Wir haben das rechtzeitig kommuniziert. Wenn Sie es nicht mitbekommen haben, ist das Ihre Schuld.
  • „Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Lage noch verschlimmert.“ Hier wird, scheint mir, die wichtige Nachricht ganz bewusst heruntergespielt: Die Lage wird sich wahrscheinlich noch verschlimmern.

Eine besondere Tücke liegt in Relativsätzen. Sehr schnell wird dabei eine eigenständige Aussage im Nebensatz versteckt. Die nächsten Beispiele sind konstruiert, aber mir so oder ähnlich schon öfter untergekommen:

  • Gestern hat er das Restaurant eröffnet, das heute Nacht abbrannte.
  • Michael Meier, der Montag überraschend verstarb, leitete über 30 Jahre den Verein.
  • Susanne Müller wird neue Geschäftsführerin des Unternehmens, das der größte Arbeitgeber der Region ist.

Die Aussagen dieser Relativsätze sind keine Bedingung oder Erläuterung der Aussage des Hauptsatzes. Zum Teil sind sie sogar wichtiger als die eigentliche Hauptaussage. Deshalb ab mit ihnen in einen Hauptsatz, denn da gehören sie hin:

  • Gestern wurde das Restaurant eröffnet – heute ist es abgebrannt.
  • Michael Meier ist überraschend verstorben. Er leitete …
  • Susanne Müller ist neue Geschäftsführerin des Unternehmens XY. Die 53-Jährige leitet damit den größten Arbeitgeber der Region.

Noch ein Argument für Hauptsätze, jenseits dessen, dass sie einen Text verständlicher machen: Hauptsätze ziehen in den Text hinein, weil sie die Handlung vorantreiben. Sie sind schön, weil schlicht. Romane fangen deshalb oft mit Hauptsätzen an. Für die folgenden Beispiele habe ich wirklich aufs Geratewohl ins Bücherregal gegriffen: Millionäre sind aus der Mode gekommen. (Erich Kästner: Drei Männer im Schnee) Es war der ideale Tag für eine Beerdigung. (Ewald Arenz: Ehrlich & Söhne) Das Mädchen riss sich von der Hand seines Vaters los und lief weg. (Thomas Hettche: Herzfaden)

Das verführt doch zum Weiterlesen, oder?

 

#365schreibtipps #besserschreiben

Ein exklusiver Beitrag zu #365schreibtipps

von Dagmar Wolf, www.linkedin.com/in/dagmar-wolf-16370761/

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