Textästhetik - von A wie Absatz über S wie Satzlänge und Substantive bis Z wie Zeichensetzung
Wir möchten richtig schreiben. Wir möchten verständlich schreiben. Wir möchten lebendig schreiben. Und interessant. Aber was genau ist eigentlich “schön schreiben”?
Schön schreiben heißt für mich: Das Auge liest mit. Aus meiner Sicht braucht ein Text folgendes, um auch schön zu sein:
- Absätze
- Richtige Anführungszeichen und Apostrophe
- Echte Gedankenstriche statt Bindestrichen
- Gleiche Schreibweisen von gleichen Wörtern
- Den richtigen Einsatz von Sie, sie, Ihrer und ihrer
- Einen natürlichen Wechsel von langen und kurzen Sätzen
- Keine bis wenige Abkürzungen
- Wenige Substantive
- Hervorhebungen, wo es passt
- Zeichensetzung: Punkte statt Kommata
Absätze
Gut gemachte Absätze führen die Leser durch einen Text. Sie nehmen an die Hand. Sie bringen inhaltliche Gedanken zusammen. Weg mit den Bleiwüsten, her mit den knackigen Absätzen!
Anführungszeichen und Apostrophe right or wrong
Auch Anführungszeichen und Apostrophe können “hässlich” aussehen. Wenn nur ihre kleinen Schwestern verwendet werden, die aber nicht so wirklich mit ihnen verwandt sind.
Wie geht`s denn so?
Wie geht´s denn so?
Wie geht’s denn so?
Na? Unterschied gemerkt? Richtig ist der Strich mit folgender Tastenkombi: Shift #. Und auch Anführungszeichen können schief oder schräg daherkommen.
Echte Gedankenstriche
Was soll denn echt und unecht sein? Nun, wenn ich ein zusammengesetztes Substantiv wie Mehrzweck-Küchenmaschine verwende, reicht ein einfacher Bindestrich (-). Nutze ich den Gedankenstrich – für einen Einschub – oder auch für einen ergänzenden Gedanken am Ende eines Satzes, dann kommt der Halbgeviertstrich zum Einsatz – er wird es Euch danken! Drückt einfach ALT+Bindestrich (auf dem Mac) und schon ist er da (–).
Gleiche Schreibweisen von gleichen Wörtern
Klingt selbstverständlich? Ist es aber nicht. Beispiel: Mal wird Onlineshop geschrieben und mal Online-Shop. In einem Text. Legt Euch auf eine Schreibweise fest.
Den richtigen Einsatz von Sie und ihrer
Irgendwas ist mit diesen Wörtern. Ich habe noch nicht rausgefunden, was es ist. Mal sind sie klein, wenn sie groß sein sollten. Mal sind sie groß, wenn sie klein sein sollten. Einfache Regel: Spreche ich meine Leser direkt an, schreibe ich Sie und Ihre/r groß. Spreche ich jedoch ÜBER eine Gruppe von Menschen, schreibe ich sie und ihre/r klein. Da ist es einfach die Mehrzahl. Beispiele:
Ja, ich meine Sie da hinten! Ist das Ihr Koffer?
Und so gingen sie Hand in Hand dem Sonnenuntergang entgegen. In ihren Taschen trugen sie Wein, Brot und Käse für ihr Picknick im Mondschein.
Abkürzungswirrwarr
Ich lese es oft und frage mich jedes Mal: Tut dat Not?
z.B.
etc.
evtl.
bspw.
In meinen Augen macht das einen Text technisch und weniger “fluffig”. Natürlich, in einem Formular, wo man Platz sparen muss, passt das. Aber in einem “schönen” Text stört das nur den Lesefluss.
Wechsel von langen und kurzen Sätzen
Ästhetisch schön finde ich es, wenn Euer Text abwechslungsreich geschrieben ist. Ich mal längere Sätze zu lesen bekomme und mal nur Ein- oder Zwei-Wort-Sätze. Da freut sich nicht das Auge, auch das Gehirn. Denn es darf sich mal kurz ausruhen. Und Abwechslungsreichtum mögen wir doch alle, oder?
Wenige Substantive
Ihr ahnt es schon. Auch den Substantiven möchte ich an den Kragen. Substantive sind ok, wo wichtig und unersetzbar. Oder auch dort, wo es den Text abwechslungsreicher macht. Nur Verben und Adjektive sind schließlich auch sterbenslangweilig. Nur achtet darauf, dass sie nicht dafür eingesetzt werden, Tätigkeiten zu beschreiben oder eigentlich wirklich simple Sachverhalte. Ihr wirkt nicht schlauer, wenn ihr vermeintlich hochgestochen schreibt. Nur abgehoben und distanziert. Euer Ziel ist es doch, dass Euer Text verstanden wird. Na also! Weg mit den Attitüden und einfach geschrieben.
Hervorhebungen
Ich liebe Hervorhebungen. Aber nur dort, wo es wirklich einen Mehrwert schafft. Ständig alle Wörter zu fetten, hilft nicht dem Lesefluss, sondern verwirrt nur. Eine Überschrift mag es gerne fett, ein Zitat liebt die Kursive. That’s it. Das reicht!
Punkte statt Kommata
Gönnt den Lesern eine Auszeit. Statt sie atemlos durch Bandwurmsätze mit Schachteln, Einschüben & Co. zu hetzen, lasst sie durchatmen. Setzt Punkte, statt Kommata. Der Text wird automatisch ruhiger. Und schöner.
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