Gabriele Feile ist Online-Redakteurin und Werbe-Texterin.
Für die Interviewreihe „Die KI und ich – Wie die KI meine Arbeit verändert hat“ hat sie sich sehr viel Zeit genommen, um die Fragen ausführlich – und durchaus kritisch – zu beantworten.
Ihr Fazit:
Eine KI fühlt nicht und versteht Menschen nicht, auch wenn sie uns das vorgaukelt.
INHALT:
Herausforderungen & negative Aspekte

Foto: Sarah Korn Fotografie
Einstieg & Überblick
Kannst du uns kurz deinen beruflichen Hintergrund und deine Spezialisierung erläutern?
Ich bin angestellte Online-Redakteurin/Werbe-Texterin in Teilzeit, Schwerpunkt: Bildung
Zusätzlich bin ich selbständige Bloggerin, Kolumnistin, Buchautorin, Herausgeberin und Chefredakteurin eines Online-Magazins.
Schwerpunkt: Selbstfindung
Wann und wie bist du zum ersten Mal mit KI-basierten Schreibwerkzeugen in Berührung gekommen?
Ca. im Jahr 2023, als mein Verlag mir Zugang zur „Magischen Feder“ von Neuroflash verschaffte. Etwas später habe ich dann mit ChatGPT experimentiert.
Schon davor (ab ca. 2021) habe ich Tools wie DeepL, Wortliga und Spellboy genutzt um Texte zu optimieren.
Welche KI-Tools oder -Anwendungen nutzt du derzeit am häufigsten in deinem Arbeitsalltag?
ChatGPT, DeepL, Wortliga
Positive Auswirkungen
In welchen Bereichen hat KI deine Arbeitseffizienz gesteigert? Kannst du konkrete Beispiele nennen?
KI hilft mir speziell bei Fleißaufgaben wie Rechtschreibung, Umformulierungen oder Umformatierung (Fließtext in Bullet Points oder umgekehrt).
Hat KI dir geholfen, neue kreative Ansätze zu entwickeln oder „Schreibblockaden“ zu überwinden? Wenn ja, wie?
Bei umfassenden Blog-Artikeln, ggf. zu einem unbekannten Thema, hilft mir KI, eine erste Struktur zu schaffen, die auch SEO-optimiert ist.
Gibt es bestimmte Aufgaben, die du dank KI nun schneller erledigen kannst und durch die du mehr Zeit für andere Aspekte deiner Arbeit hast?
Speziell bei halb-automatischen Übersetzungen spare ich mit KI viel Zeit.
Auch das Generieren von Überschriften oder das Zusammenfassen von langen Texten hilft, Zeit zu sparen.
Hat die Nutzung von KI-Tools zu einer Erweiterung deines Angebots oder deiner Dienstleistungen geführt?
Bisher nicht.
Herausforderungen & negative Aspekte
Welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten hast du bei der Integration von KI in deinen Workflow erlebt?
Mit persönlich sind die Ergebnisse die KI liefert nicht gut genug. Häufig stimmen Fakten nicht, wichtige Inhalte werden vergessen (zum Beispiel Produkt-Features) und die KI fantasiert zu viel. Zudem ist leider die formale Qualität nicht gut genug, z.B. korrekte Rechtschreibung bei Bullet Points, einheitliches Gendern etc.
Ich empfinde das Nacharbeiten, speziell von Produktbeschreibungen, als sehr aufwändig. Speziell, dass jeder Text einzeln generiert werden muss, ist m. E. ein Nachteil im Vergleich zu Textrobotern, die viele Texte auf einmal generieren können.
Inwieweit hat sich deine Rolle durch den Einsatz von KI verändert? Siehst du die Gefahr einer Entwertung bestimmter Fähigkeiten?
In meiner Rolle als Werbe-Texterin sehe ich, dass sich die Erwartungen des Managements ändern, ohne dass sie ausreichend Verständnis für meine Aufgabe haben. KI muss/soll genutzt werden, aber es wird nicht hinterfragt, ob ihr Einsatz sinnvoll ist und in welchem Umfang. Auch fehlt noch eine klare Vision, was bei dem Tempo, mit dem sich KI entwickelt, verständlich ist.
Mir erscheint es so, dass die sprachliche und inhaltliche Qualität von individuellen Texten nicht so viel wert zu sein scheint. Wer nicht beruflich schreibt, kann nicht einschätzen, was wir alles wissen und können müssen, damit sich die Texte geschmeidig anhören und anfühlen und allen Anforderungen entsprechen. Es lässt sich halt nur bedingt erklären, wie ein Text entsteht und welche Schritte wir dazu gehen.
„Schreib doch schnell einen Text!“ ist immer noch eine weitverbreitete Haltung. Das kann eine KI natürlich besser als ein Mensch. Solange es gut klingt, reicht das Mittelmaß der KI offenbar aus.
Gibt es Aspekte deiner Arbeit, bei denen KI-Tools (noch) keine sinnvolle Unterstützung bieten oder sogar hinderlich sind?
Wie bereits erwähnt: Bei der automatisierten Texterstellung bzw. beim routinierten Erstellen von Produkttexten sind die Fehler m. E. zu deutlich, speziell was korrekte Inhalte angeht. Blogposts oder Kolumnen nur von KI schreiben zu lassen entmenschlicht diese m. E. zu sehr. Teilweise nutze ich sogar KI-Tools, um KI-erstellte Texte menschlicher klingen zu lassen. Was ja wirklich „hanebüchen“ ist.
Wie stellst du sicher, dass die Qualität deiner Arbeit nicht unter dem Einsatz von KI leidet?
Ich verlasse mich nicht auf die KI, sondern überprüfe die Entwürfe und arbeite sie oft sehr intensiv nach inkl. Recherche. Häufig stelle ich fest, dass ich ohne KI schneller und besser bin. Deshalb nutze ich KI nicht um jeden Preis, sondern nur, wenn es sinnvoll ist.
Ethische und zukünftige Überlegungen
Welche ethischen Fragen oder Bedenken siehst du im Zusammenhang mit der Nutzung von KI im Schreibbereich (z.B. Urheberrecht, Originalität, Transparenz)?
Ich denke, dass wir in Zukunft sehr viele generische Texte lesen werden, gepromptet von Menschen, denen das Schreiben eher eine Last ist. Oder in Publikationen, wo die Masse wichtiger ist als die Klasse.
Passionierte Schreiberlinge werden sich (hoffentlich) von der Masse abheben und weiterhin individuelle Texte schreiben, wenn auch KI-unterstützt.
Es gilt, zu klären, wie sich das Urheberrecht zukünftig darstellt und auch durchsetzen lässt. Auch muss klar sein, ob und wie KI die von den Nutzenden eingegebenen Daten verarbeiten, speichern und wiederverwerten darf.
Ein Aspekt, der oft vernachlässigt wird, ist der CO2-Ausstoß, den jeder KI-Prompt verursacht. In der Menge ist das ein mächtiges Thema, das in die Nachhaltigkeits- und Klimadebatten einbezogen werden sollte.
Wie gehst du mit dem Thema Transparenz gegenüber deinen Kunden um, wenn du KI-Tools in deinem Schreibprozess einsetzt?
Im Moment gar nicht. Mein Arbeitgeber hat das Thema auf die Agenda gesetzt und ein Team implementiert, das sich auf alle Themen rund um KI fokussiert.
Welche Kompetenzen oder Fähigkeiten werden deiner Meinung nach in Zukunft in deiner Branche besonders wichtig sein, um sich im Zeitalter der KI zu behaupten?
Als Texterin in Unternehmen wird es weiterhin relevant sein, individuellen Content zu erstellen, der den unternehmerischen Ansprüchen gerecht wird und sich vom Markt deutlich abhebt.
Die Nutzung von KI und anderen Tools wird Teil des Jobs bleiben und sich ausweiten (Prompt Engineering etc.).
Ich denke, dass alle, die Content erstellen, die Fähigkeit entwickeln müssen, hervorragenden Content von mittelmäßigem Content zu unterscheiden. Wir müssen lernen, mit KI zu kooperieren, ohne uns von ihr abhängig zu machen.
Wie schätzt du die langfristigen Auswirkungen von KI auf die Schreibbranche ein? Wird KI bestimmte Berufe ersetzen oder eher ergänzen?
Ich bin im Team „ergänzen“. Routineaufgaben kann eine KI viel besser als ein Mensch. Für kreative Lösungen, die nicht aus Rechenoperationen bestehen, sondern aktuelle Entwicklungen, kundenspezifische Anforderungen und ethische Fragen berücksichtigt, werden Menschen gebraucht.
Auch für Kommunikationsaufgaben, die weit über das Schreiben hinausgehen, wie etwa komplexes Beschwerde-Handling, das zeitkritische, interne Kommunizieren von relevanten Informationen und das Berücksichtigen von unterschiedlichen Bedürfnissen wird weiterhin eine menschliche Hand gebraucht.
Welchen Rat würdest du anderen in deiner Branche geben, die sich mit dem Thema KI auseinandersetzen möchten?
Ausprobieren, kritisch testen, eigene Bedenken nicht ignorieren, der KI nicht einfach vertrauen und vor allem nicht jedem Trend blind folgen!
und außerdem…
Gibt es noch etwas, das du zum Thema „KI und Schreiben“ hinzufügen möchtest?
Ich wage die Prognose, dass sich der Bereich „KI“ ähnlich wie die sozialen Medien innerhalb weniger Jahre in eine kritische Richtung entwickelt, die moralisch und menschlich fragwürdig ist. Hier gilt es, vor allem in Europa, intensiv Alternativen zu US-amerikanischen und chinesischen Anbietern zu fördern. Zudem sollten wir als Menschheit nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen und Menschen stets den Vorzug geben zu KI.
Eine KI fühlt nicht und versteht Menschen nicht, auch wenn sie uns das vorgaukelt. Ich sehe die Gefahr einer sozialen Abhängigkeit, wenn speziell einsame Menschen in der KI mehr sehen als eine Maschine.