Lies laut, was du verzapfst

#365schreibtippsBevor dein Text das Licht der Öffentlichkeit erblickt, lies ihn dir selbst laut vor. Mit kräftiger Stimme. Am besten vor dem Spiegel, so hast du direkt ein Publikum.

Das laute Vor-Lesen hat 2 gute Gründe, die für das Finish deines Textes sorgen: Text-Korrektur und Wort-Klang.

Korrektur des Formalen

Neben Textkorrektur-Tipps wie

  • aufstehen und den Raum wechseln
  • vom gedruckten Papier lesen
  • Schriftart und Schriftgröße ändern
  • Rückwärts lesen
  • Ruhephase vor der Korrektur einhalten
  • Vier-Augen-Prinzip

bleibt der große Pluspunkt des lauten Vorlesens die reduzierte Geschwindigkeit. Du liest automatisch langsamer, weil die Betonung der einzelnen Wörter etwas mehr Zeit als das Lesen im Kopf benötigt. Damit entdeckst du leichter doppelte oder fehlende Wörter.

Gibt es Textstellen, bei denen sich deine Zunge verhaspelt? Hast du kurz den Faden verloren? Oder kannst du einen Nebensatz, der so komplex vom restlichen Satzteil abgetrennt ist, wie dieser hier, überhaupt nicht richtig betonen, weil dir beim ersten Lesen nicht sofort klar wird, ob es weiterhin um diesen erwähnten Nebensatz geht? Wo befindet sich der relevante Part, die Kernaussage? Wenn du es nicht eindeutig weißt, stolpern Lesende ebenso darüber.

Überarbeite stockende Stellen deines Textes, bevor du ihn der ersten Person überreichst. Sie wird es dir danken, denn sie kann sich direkt auf den Inhalt konzentrieren und muss sich nicht über Kommaregeln und Wortstellungen den Kopf zerbrechen.

Korrektur des Wortklangs

Die zweite Dimension des lauten Lesens ist schon spannender. Neben „Dein Text ist ja interessant“ könnte die Reaktion lauten „Dein Text klingt interessant“. Wortklang bedeutet nicht nur das flüssige Lesen dank hervorragender Grammatik, Satzzeichennutzung und exakter Wortstellung. Er klingt schön, weich und fließend, weil eckig wirkende Wörter den Lesefluss nicht mehr stören. Dein Text macht Spaß.

Was sind eckige Stellen im Text? Wörter, die aus dem Stilrahmen deines Textes fallen.

Der richtige Klang kann so verschieden sein und unterliegt diversen Faktoren wie

  • Zielgruppe – Welche Klangart ist sie gewöhnt? Passt Englisch hinein?
  • Zielmedium – Welcher Ton ist Standard? Fachmagazin oder Unterhaltungsblog?
  • Format – Welche Haltung oder Emotion verbinde ich mit einem Interview, einem Ratgeber oder einer Brandstory? Nach Wahl des Formats passt sich der Erwartungshorizont deiner Leserschaft an den Textklang an.

Je mehr du über den ‚Publikumsraum‘ deines Textes kennst, desto klang-spezifischer kannst du ihn beim lauten Vorlesen ertönen lassen. Dann findest du nicht nur doppelte oder fehlende Wörter, sondern auch unpassende Begriffe.

Schau bitte auf den zweiten Absatz dieses Textes zurück. Da steht: „Das laute Vor-Lesen hat 2 gute Gründe, die für das Finish deines Textes sorgen“. Das Wort Finish könnte so ein schlecht klingender Stilbruch sein. Der Anglizismus passt nicht in den Text hinein. Dieses Wort hast du dort wohl kaum ‚erwartet‘. Vielleicht hat es dich kurz irritiert, ehe du weiterlesen konntest? Klangstörungen sorgen für kleine Unterbrechungen und damit auch für Verständnisstörungen.

Je filigraner du in der Korrekturrunde deines Textes arbeitest, desto besser wird das Gesamtwerk in Sprache und Klang. Deine Zielgruppe liest gern bist zum letzten Satzpunkt und ist traurig, wenn die gemeinsame Reise schon vorbei ist.

 

#365schreibtipps #wirksamrschreiben

Ein exklusiver Beitrag zu #365schreibtipps

von Jana Berthold, www.jana-berthold.de

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