Melodischer schreiben durch Umstellung von Satzgliedern

#365schreibtippsTonloses Sprechen, in gleichbleibender Lautstärke, ohne Phrasierung, Betonung, Pausen und Tempowechsel – eine bessere Einschlafhilfe gibt es kaum! Sprache ist wie Musik; Letztere ist ja auch kein präzise-stures Abspulen vorgegebener Notenwerte, sondern wird erst lebendig, wenn sie die oben bereits genannten Attribute aufweist.

Lebendiger für Ohren sprechen, dafür liegen die Tricks auf der Hand: lauter und leiser werden, dieses oder jenes Wort betonen, den eigenen Redefluss gekonnt stoppen, wo es passt. Doch was ist mit der „Augensprache“? Wie verleiht man Geschriebenem eine Melodie, die im eigenen Kopf beim Lesen unweigerlich entsteht?

Einer von vielen Tricks ist das bewusste Umstellen von Satzteilen. Das Deutsche ist hierfür wunderbar geeignet, denn seine Satzgliedstellung ist höchst flexibel. Ein wahrer Schatz, der sich gezielt heben lässt, um gewünschte Betonungen zu setzen und Bedeutungsnuancen zu erzeugen.

Ein einfaches Beispiel gefällig? „Der Kirschbaum in unserem Garten trägt jedes Jahr die allerschönsten Früchte.“ Das ist die Neutralaussage: Ein im Garten stehender Kirschbaum trägt zuverlässig Jahr für Jahr Früchte, wie sie schöner nicht sein könnten. Umstellung 1: „In unserem Garten trägt jedes Jahr der Kirschbaum die allerschönsten Früchte“ (… und nicht etwa der Apfelbaum, den es auch darin gibt). Umstellung 2: „Die allerschönsten Früchte jedes Jahr trägt der Kirschbaum in unserem Garten“ (…nicht etwa der Kirschbaum in Nachbars Garten).

Von einer geänderten Satzgliedreihenfolge profitieren im Übrigen nicht nur Bedeutungsfokus und Betonung, sondern auch die Bezüge zu vorangehenden oder nachfolgenden Sätzen. Und nichts schöner für den Schreiber, die Schreiberin, als wenn ein bisher sperriges Sätzlein sich plötzlich lammfromm einfügt, allein schon durch das Hin- und Herjonglieren von Satzgliedern!

„Satzglied-Tetris“ hilft also gegen drohende Subjekt-Prädikat-Objekt-Monotonie. Und hat man erst mal Gefallen daran gefunden, macht es auch ein bisschen süchtig, versprochen.

 

#365schreibtipps #besserschreiben

Ein exklusiver Beitrag zu #365schreibtipps

von Susanne Nötscher, www.sntrans.de

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