Wissenschaftstexte verständlich schreiben
Jede Berufsgruppe hat bestimmte Fachausdrücke. Manche davon können Berufsfremde verstehen, andere sind das berühmte Fachchinesisch. Besonders in den Naturwissenschaften sind griechisch-lateinische Mischbegriffe üblich. Um sich international zu verständigen, ist das eine gute Sache. So wissen alle Fachleute, worum es gerade geht. Eine Patientin dagegen tappt vielleicht im Dunkeln, wenn ihre Ärztin von „cardiovaskulär“ redet, statt von einer Gefäßerkrankung. Überhaupt, was ist denn eine Gefäßerkrankung? Ist nicht eine Vase ein Gefäß, genau wie eine Schatulle? Daher möglicherweise besser: „Ihre Adern sind verstopft.“.
Es ist wichtig, dass auch Laien Forschungsergebnisse und medizinische Diagnosen verstehen. Nur so kann Wissenschaft einen breiten Rückhalt haben, Gelder einfordern, Projekte vorantreiben. Menschen leben bewusster und gesünder, wenn sie verstehen, warum sie ihr Verhalten ändern sollen. Sie können Vorhaben besser unterstützen, auch wenn sie keine wissenschaftliche Vorbildung haben. Darum sollten Sie wissenschaftliche Veröffentlichungen, Pressemitteilungen und Anträge allgemein verständlich formulieren. Vergessen Sie nicht, dass nur manche Politiker:innen eine naturwissenschaftliche Vorbildung haben.
Dabei gilt: so genau wie nötig aber nicht so genau wie möglich. Meistens reicht es, wenn das wesentliche Prinzip verständlich ist. Beispiele können helfen, um ein Bild zu erschaffen. Mein Physiklehrer beschrieb Elektronen als kleine Männchen, die mit Ladungs-Rucksäcken herumlaufen. Das hat mir als Kind ungemein geholfen. Mit diesem Beispiel sagte er genau das, was für mein Verstehen nötig war. Details ließ er weg.
Einfach heißt dabei nicht dümmlich. Die Fakten sollen stimmen. Beschreiben Sie klar, in allgemeiner Sprache, in kurzen Sätzen. Sagen Sie „Beatmungsgerät“, nicht „Respirator“. „Ampel“ statt „Lichtsignalanlage“. „Blütenblatt“ statt „Kronblatt“ oder gar „Petalen“. Denken Sie an Ihre Nachbarin, die Tante, den Gemüsehändler.
Eine letzte Bitte: Bilden Sie den Relativsatz nicht mit ‚welche‘ oder ‚welcher‘. Es klingt gestelzt. Umgangssprachlich sagt man: „Der Mann, der…“ und nicht „Der Mann, welcher…“. Die beiden „der“ hintereinander sind keine unerwünschte Dopplung, sondern richtiges Deutsch.
#365schreibtipps #wirksamschreiben